Männliche Gottesanbeterinnen aus Neuseeland haben eine verhängnisvolle Vorliebe für die Weibchen einer eingeschleppten Art.
Das Liebesleben einer männlichen Gottesanbeterin kann äußerst riskant sein. Mit einer Partnerin, deren große, mit Dornen besetzte Fangbeine im Bruchteil einer Sekunde zuschlagen können, geht es beim Liebesspiel wortwörtlich um Leben und Tod. Für Männchen der ursprünglich einzigen in Neuseeland vorkommenden Art von Gottesanbeterinnen (Orthodera novaezealandiae) hat sich diese Gefahr in den letzten Jahrzehnten allerdings noch erheblich verstärkt. Um das Jahr 1978 wurden nämlich aus dem südlichen Afrika Gottesanbeterinnen der Art Miomantis caffra nach Neuseeland eingeschleppt. Die Weibchen dieser Art locken ihre Männchen mit Hilfe von speziellen Duftstoffen (Pheromonen) an. Fatalerweise fühlen sich aber auch die neuseeländischen Männchen vom Duft der afrikanischen Weibchen angezogen, von denen sie dann meist einfach verspeist werden.
Die verhängnisvolle Vorliebe der Männchen haben neuseeländische Wissenschaftler um Murray P. Fea in einer Ende 2013 in der Fachzeitschrift Biology Letters veröffentlichten Studie erstmals dokumentiert. Für ihre Untersuchung hatten sie geschlechtsreife Männchen der neuseeländischen Art in eine Y-förmige Röhre gesetzt, an deren beiden Enden entweder ein Weibchen der eigenen oder der eingeschleppten Art wartete. Das Ergebnis ihrer Studie war eindeutig. Die Männchen suchten viel häufiger die afrikanischen Gottesanbeterinnen auf als die Weibchen ihrer eigenen Art. Die Pheromone, welche von den afrikanischen Weibchen verströmt werden, wirken auf die neuseeländischen Männchen viel stärker als die Pheromone der artgleichen Weibchen. Doch damit nicht genug: In einem anderen Versuch setzten die Wissenschaftler jeweils ein neuseeländisches Männchen und ein afrikanisches Weibchen zusammen auf einen Zweig. Auch hier wurden die Männchen wie magisch vom Duft der artfremden Weibchen angezogen und versuchten sogar sich mit ihnen zu paaren. Anstelle von Sex erwartete sie allerdings der Tod. Die Weibchen schnappten sich die Männchen und begannen diese bei lebendigem Leibe aufzufressen.
Für die neuseeländische Art ist dieses fatale Aufeinandertreffen gleich in dreierlei Hinsicht ein Problem. Die einheimischen Weibchen finden nur noch schwer einen Partner, da sie gegen den Lockstoff der eingeschleppten Art nicht ankommen, der Tod vieler Männchen lässt die Tiere nach und nach immer seltener werden, und die afrikanischen Gottesanbeterinnen bekommen auch noch eine Extraportion Nahrung, die sie in ihre eigene Fortpflanzung investieren können. Die Folgen sind schon heute sichtbar. In einigen Gegenden Neuseelands lässt sich mittlerweile nur noch die afrikanische Art finden.