Die Blut trinkenden Vampirfledermäuse haben die Fähigkeit eingebüßt, bittere Geschmäcker wahrzunehmen.
Vampirfledermäuse ernähren sich sehr einseitig. Sie stillen ihren Hunger nämlich ausschließlich mit Blut (wie sie dabei genau vorgehen, ist in unserem Beitrag Ein Vampir auf der Jagd zu sehen). Die vom Süden der USA bis ins südliche Südamerika verbreiteten Tiere scheinen mit ihrer Spezialisierung auf den roten Lebenssaft aber teilweise ihren Geschmackssinn eingebüßt zu haben.
Üblicherweise können Säugetiere fünf verschiedene Geschmacksrichtungen unterscheiden: süß, sauer, salzig, bitter und umami, den herzhaften Geschmack proteinhaltiger Nahrung. Von Vampirfledermäusen ist jedoch bekannt, dass sie weder süß noch umami schmecken können. Verhaltensexperimente lassen außerdem vermuten, dass die Tiere auch bittere Geschmäcker nur sehr schlecht wahrnehmen.
Ein bitterer Geschmack ist für Säugetiere ein wichtiger Hinweis auf potentiell giftige Nahrung. Und so nehmen auch insektenfressende Fledermäuse chemische Abwehrstoffe ihrer Beutetiere als bitter wahr. Bitterstoffe werden bei allen Wirbeltieren mit Rezeptoren im Mundraum wahrgenommen. Der Bauplan dieser Rezeptoren ist in bestimmten Genen, den Bitterrezeptorgenen (T2Rs), im Erbgut kodiert. Die meisten Wirbeltiere besitzen mehrere funktionierende Versionen dieser Gene.
Die Wissenschaftler Wei Hong und Huabin Zhao sind dem Sinn der Vampirfledermäuse für Bitterstoffe nun in einer in der Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society B veröffentlichten Studie nachgegangen. Dafür untersuchten sie die Bitterrezeptorgene bei allen drei Arten von Vampirfledermäusen, dem Gemeinen Vampir (Desmodus rotundus), dem Weißflügelvampir (Diaemus youngi) und dem Kammzahnvampir (Diphylla ecaudata), sowie bei elf anderen Fledermausarten, die sich nicht von Blut ernähren.
Die Forscher haben herausgefunden, dass bei allen drei Vampirfledermausarten zahlreiche Bitterrezeptorgene als Pseudogene, also als funktionslose Versionen, vorliegen. Bei den anderen Fledermausarten ist der Anteil solcher Pseudogene hingegen viel geringer. Dies erklärt, weshalb die Vampirfledermäuse kaum auf bittere Geschmacksstoffe reagieren.
Vermutlich haben die Vampirfledermäuse ihr Vermögen Bitterstoffe zu schmecken im Laufe der Evolution nach und nach verloren. Wegen ihrer sehr speziellen Ernährungsweise, bei der sie niemals mit bitter schmeckenden Giftstoffen in Kontakt kommen, benötigten sie diese Fähigkeit nicht. Im Gegensatz zu den Geschmacksrichtungen süß und umami, können sie aber zumindest noch sehr hohe Konzentrationen bitterer Geschmacksstoffe wahrzunehmen. Ihre wenigen, noch funktionsfähigen Bitterrezeptorgene sind möglicherweise ein Überbleibsel ihrer noch nicht Blut trinkenden Vorfahren.