Wissenschaftler zeigten erstmals, dass die Orientierungsrufe von Fledermäusen in freier Wildbahn auch Informationen für Artgenossen enthalten können.
Fledermäuse sind vielen Menschen unheimlich. Geradezu übernatürliche Fähigkeiten scheinen es den nächtlichen Flugkünstlern zu ermöglichen, mit rasanten Manövern durch die Finsternis zu fliegen. Tatsächlich sind die Tiere zu einer besonderen Form der Orientierung in der Lage, welche auch in vollkommener Dunkelheit funktioniert, der Echoortung. Hierbei werden von der Fledermaus hochfrequente Schallwellen durch Nase und/oder Mund ausgestoßen. Da Schallwellen von näheren Objekten früher zurückgeworfen werden als von weiter entfernten, können die Fledermäuse ihre Umgebung so regelrecht abtasten, Ästen und Blättern ausweichen und ihre Beutetiere, zum Beispiel kleine Insekten, mit höchster Präzision fangen.
Diese Art der Orientierung ist äußerst komplex: Fledermäuse müssen die Orientierungsrufe je nach Art der Beute oder Beschaffenheit der Umgebung gezielt so anpassen, dass sie für die jeweiligen Bedingungen optimiert sind. So scheint es kaum möglich zu sein, dass Fledermäuse über ebendiese Orientierungsrufe zusätzlich noch miteinander kommunizieren können.
In einer aktuellen Studie, die in der Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society B publiziert wurde, haben Wissenschaftler um Mirjam Knörnschild Große Sackflügelfledermäuse (Saccopteryx bilineata) auf Costa Rica untersucht, um herauszufinden, ob die Fledermäuse ihre Orientierungsrufe auch für soziale Zwecke einsetzen können. Die Großen Sackflügelfledermäuse waren für die Forscher besonders interessant, da die Tiere ein ausgeprägtes Sozialverhalten aufweisen. Einzelne Männchen leben mit einem Harem aus mehreren Weibchen zusammen, den sie gegen andere Männchen verteidigen. Während sie kopfüber an ihrem Versteck hängen, können sie verschiedene Rufe zur Kommunikation mit Artgenossen erzeugen: Aggressive Rufe, um andere Männchen zu vertreiben oder Balzgesänge, um Weibchen anzulocken (siehe unten für Tonaufnahme).
Für ihre Untersuchung fingen die Wissenschaftler zunächst einige Fledermäuse mit Netzen ein, bestimmten das Geschlecht, markierten sie, und nahmen die Orientierungsrufe auf. Mit Audioanalysen konnten sie daraufhin zeigen, dass sich sowohl die Frequenz als auch die Dauer der Rufe weiblicher und männlicher Tiere messbar voneinander unterscheidet.
Aber nehmen die Fledermäuse diese feinen Unterschiede wahr, die von den Forschern entdeckt wurden? Um das herauszufinden, wurden in einem folgenden Experiment die eingefangenen Fledermäuse direkt vor dem Versteck einer Fledermauskolonie, in dem sich mehrere männliche Tiere aufhielten, einzeln freigelassen. Bei jeder freigelassenen Fledermaus wurden dann die Geräusche der ansässigen Männchen aufgenommen und analysiert. Obwohl die Männchen die ankommenden Tiere weder sehen noch riechen konnten, antworteten sie entweder mit aggressiven Rufen oder Balzgesängen; je nach Geschlecht der freigelassenen Fledermaus. Sie erkannten das Geschlecht der vorüberfliegenden Tiere also ausschließlich anhand der Unterschiede in den Orientierungsrufen.
Zum ersten Mal konnte somit gezeigt werden, dass die Orientierungsrufe bei Fledermäusen in freier Wildbahn nicht nur zum Zurechtfinden im Flug und zum Beutefang dienen, sondern zusätzlich auch eine soziale Funktion erfüllen können.
Balzgesang der Großen Sackflügelfledermaus (verlangsamt) (Aufnahme: Mirjam Knörnschild)
Sehr schöner Artikel! =)
Ich lese ja immer wieder gerne etwas über Fledermäuse – va. wenn auch etwas aus der wissenschaftlichen Rubrik eingebracht wird. Danke!
Ein Superartikel über Fledermäuse. Wieder einmal zeigt sich hier, daß Tiere nicht nur seelenleere, stumpfsinnige Kreaturen sind, wie leider auch heutzutage immer noch viele Menschen glauben (wollen). Soziale Strukturen, soziale Kommuniklation bedeuten auch eine gewisse (sicher je nach Tierart unterschiedlich hohe) Intelligenz und ein mehr oder weniger stark ausgebildetes Seelenleben. Es wird Zeit, daß wir unseren Mitwesen auf dieser Erde mehr Respekt entgegenbringen, auch denen, die wie Fledermäuse negativ belegt sind (Räbenvögel, schwarze Katzen usw.). Ignoranz und Aberglaube dieser Art sollten wirklich allmählich aus unserem Denken verschwinden!
Eure Website werde ich jetzt bookmarken! Weiter so!