Wie ein Pilz die Körper von Käfern über ihren Tod hinaus verändert.
Das Phänomen war nicht unbekannt. Mancherorts in Nordamerika fand man tausende Käfer, die, sterbend oder bereits tot, mit ihren Kiefern fest verankert an Pflanzen hingen. Ihre Flügel waren wie zum Flug geöffnet und ihr Hinterleib sah eigenartig pelzig aus. Sie waren von einem parasitischen Pilz befallen.
In einer Studie, die in der Fachzeitschrift Journal of Invertebrate Pathology erschienen ist, untersuchten Wissenschaftler um Donald C. Steinkraus das seltsame Geschehen. Die Forscher sammelten dazu in einem Gebiet im nordwestlichen Arkansas lebendige und tote Weichkäfer der Art Chauliognathus pensylvanicus ein, die von dem parasitischen Pilz Eryniopsis lampyridarum infiziert werden können. Sie kontrollierten, ob die Käfer von dem Pilz befallen waren und beobachteten an einigen Exemplaren, wie genau die Pilzinfektion den Körper der Käfer veränderte.
Im Untersuchungsgebiet offenbarten sich den Forschern makabere Szenen. Unmengen toter Weichkäfer hatten sich mit ihren Mundwerkzeugen an den Blüten der dort wachsenden Pflanzen verbissen und ihre Flügel waren weit gespreizt. Gleich daneben fraßen lebendige Käfer den Pollen der Blüten oder paarten sich. Die Forscher fanden auch Männchen, die mit den toten Käfern kopulierten.
Von den untersuchten Weichkäfern waren etwa zwanzig Prozent von dem Pilz befallen. Breitete sich dieser im Körper der Käfer aus, hatte dies für sie verheerende Folgen: Die infizierten Käfer verbissen sich kurz vor ihrem Tod in eine Blüte. Das geschah in den frühen Morgenstunden. Der Pilz steuerte dieses Verhalten und machte die Käfer willenlos (eine Beeinflussung des Verhaltens ihrer Wirte ist auch von anderen parasitischen Pilzen, wie den Kernkeulen, bekannt). Zu diesem Zeitpunkt war die Körperhaltung der Weichkäfer noch entspannt. Von den Forschern entnommene Gewebeproben aus dem Körperinneren zeigten, dass der Pilz bereits die Stiele bildete, auf welchen später seine infektiösen Sporen sitzen. Im Laufe des Tages begannen sich die Körper der mittlerweile verstorbenen Tiere dann zu verändern: Die Flügel der Käfer begannen sich langsam zu öffnen und ihre Hinterleiber schwollen an. Der unaufhaltsam wachsende Pilz war dafür verantwortlich.
In den frühen Stunden des nächsten Morgens durchstießen die sporentragenden Pilzstiele schließlich die Haut am Hinterleib der Käfer. Wenig später hatten sich die Flügel der bereits seit vielen Stunden toten Tiere komplett geöffnet und die stark geschwollenen Hinterleiber waren mit einem pelzigen Überzug aus infektiösen Pilzsporen bedeckt. Die Forscher vermuten, dass die Körperhaltung der toten Käfer dem Pilz bei seiner Ausbreitung dienlich sein könnte, da sie männliche Käfer möglicherweise dazu anregt, sich mit ihren toten Artgenossen zu paaren und sich dabei mit den Sporen des Pilzes zu infizieren.
Interessanterweise fanden die Forscher auch einige tote Käfer, die nicht an den Blüten hingen und eine entspannte Körperhaltung aufwiesen. Sie lagen am Boden neben den Pflanzen und ihre Körper waren äußerst brüchig. Gewebeproben verrieten was vor sich ging: Die gleiche parasitische Pilzart wucherte im Inneren dieser Käfer, bildete dort aber eine andere Form von Sporen; robuste und dickwandige, die dazu geeignet sind, ungünstige Bedingungen zu überdauern. Der Pilz kann also offensichtlich zwei Arten von Sporen hervorbringen: eine infektiöse Form, die der Ausbreitung dient und eine, die dazu geeignet ist, den Winter zu überstehen und vermutlich erst dann aktiv wird, wenn im Frühling eine neue Generation von Weichkäfern schlüpft.