Im Angesicht des Todes sind Grillen bei der Partnerwahl nicht mehr anspruchsvoll.
Was tut man in der noch verbleibenden Zeit, wenn einem bereits das letzte Stündlein geschlagen hat? Weiblichen Grillen der Art Gryllus lineaticeps fällt diese Entscheidung nicht schwer; sie suchen sich ein Männchen, um sich zu paaren. Grillenweibchen sind normalerweise äußerst wählerisch, wenn es darum geht, sich mit einem Männchen einzulassen. Sie suchen ihre Partner nach deren Zirpen aus. Eine hohe Zirp-Frequenz sagt ihnen zu. Von Männchen, die für ihre Ohren zu langsam zirpen, lassen sie sich hingegen nicht verführen.
In einer in der Fachzeitschrift Animal Behaviour veröffentlichten Studie untersuchten die Wissenschaftler Oliver M. Beckers und William E. Wagner Jr. die Partnerwahl von weiblichen Grillen, die von den Larven der parasitischen Fliege Ormia ochracea befallen waren. Die Fliegenmaden graben sich tief in die Eingeweide von Grillen ein und fressen sie bei lebendigem Leib auf. Nach sieben bis zehn Tagen sterben die Grillen schließlich und die Larven schlüpfen aus, um sich zu verpuppen.
In ihrem Experiment spielten die Forscher gesunden und parasitierten Grillenweibchen aus separaten Lautsprechern langsames und schnelles Zirpen vor. Sie simulierten so zwei Männchen, zwischen denen sich die Grillen entscheiden konnten. Während die gesunden Grillenweibchen wie zu erwarten das schnelle Zirpen bevorzugten, war den parasitierten Grillen die Frequenz des Zirpens völlig egal. Sie gingen zwar zielstrebig in Richtung eines Lautsprechers, waren aber offensichtlich auch mit dem weniger attraktiven Männchen zufrieden.
Die Forscher vermuten, dass es für parasitierte Grillenweibchen in ihrer ausweglosen Situation evolutionär besser ist, ihre noch verbleibende Zeit und Energie zu sparen. So paaren sie sich lieber mit einem x-beliebigen Männchen als vielleicht zu lange auf den Richtigen zu warten. Auf diese Weise können sie es zumindest noch schaffen, vor ihrem Tod ein paar Eier abzulegen, statt letztendlich ohne Nachkommen zu sterben.
Echt interessant, wie die Partnersuche in der Tierwelt aussehen kann, auch wenn meine berufliche Recherche eigentlich auf etwas anderes anderes hinzielte ;) Aber wer weiss: Vielleicht kann ich ja mal den Vergleich zum Menschen ziehen :D