Ein Kadaver mit Maden, eine Krankenstation in den Tropen und seltsame Fliegenmutanten werden in der aktuellen Sonderausstellung des Museums Wiesbaden präsentiert.
Sie übertragen Krankheiten, sitzen auf Exkrementen, wühlen sich durch Kadaver und sind äußerst faszinierende Kreaturen: Fliegen und Mücken. Diesen Insekten, den sogenannten Zweiflüglern (Diptera), widmet sich die Sonderausstellung „bzzzzzzz – Fliegen, Mücken, Bremsen“, die derzeit im Museum Wiesbaden zu sehen ist. Ein lautes Summen empfängt den Besucher bereits am Eingang der Ausstellung. In einem Gehege tummeln sich zahllose Individuen der Großen Stubenfliege (Musca domestica). Sie schwirren durch die Luft und krabbeln auf dem dünnen Fliegengitter herum, welches die Tiere daran hindert, den Besuchern ins Gesicht zu fliegen. Manch einen erfasst hier ein Gefühl von Ekel. Und das kommt nicht von ungefähr, denn viele Fliegenarten findet man auf Kot oder Aas. So suchen beispielsweise die grün-glänzenden Goldfliegen (Lucilia sericata) Kadaver auf, um ihre Eier dort zu platzieren. Ihre Larven ernähren sich nämlich vom Fleisch toter Körper. In der Ausstellung liegen zwei tote Ratten in einem Schaukasten. Die weißlichen Goldfliegen-Maden kriechen über die Kadaver und fressen das verwesende Fleisch mit Hilfe ihrer zangenartigen Mundhaken. Die Maden sind dabei sehr effektiv; ein kaninchengroßer Kadaver kann binnen weniger Wochen bis auf Knochen, Haut und Haare, verschwunden sein.
In rotes Licht getaucht, stehen Feldbetten und Infusionsständer in der Ausstellung. Die Szenerie wirkt wie eine Krankenstation in den Tropen. Texte auf den Betten informieren über verschiedene Tropenkrankheiten, die von Fliegen und Mücken übertragen werden, darunter Schlafkrankheit, Malaria und Flussblindheit. Die Flussblindheit (Onchozerkose) ist eine durch parasitische Fadenwürmer ausgelöste Erkrankung. Die Würmer entwickeln sich dabei unter der Haut des Menschen und können, in der Umgebung der Augen, Blindheit auslösen. Übertragen wird die Flussblindheit durch den Stich bestimmter blutstaugender Kriebelmücken, welche über ihren Stechrüssel die Wurmlarven in die Haut injizieren. Da sich die Larven der Mücken in Fließgewässern entwickeln, tritt die Krankheit insbesondere in der Umgebung von Flüssen auf. In der Ausstellung werden auf kleinen Fernsehern Kurzfilme zu den verschiedenen Erkrankungen gezeigt, die mit zum Teil verstörenden Aufnahmen der Krankheitssymptome aufwarten.
Im größten Raum der Ausstellung hängt ein Heer riesiger Mücken-Modelle unter der Decke. Das typische feine Surren, das wohl jedem schon mal eine schlaflose Nacht beschert hat, tönt aus Lautsprechern. In einer abwechslungsreichen Zusammenstellung von großformatigen Fotografien, Schaukästen, Modellen, Texttafeln und Objekten unter Mikroskopen wird hier die Vielfalt der Zweiflügler aufgezeigt. Man erfährt unter anderem, dass es rund 150.000 beschriebene Arten von Zweiflüglern gibt, dass einige Arten von Taufliegen (Drosophila) komplizierte Paarungstänze aufführen, dass Fliegen der Gattung Phytalmia mit geweihartigen Kopfauswüchsen Zweikämpfe austragen, dass Zweiflügler entscheidende Hinweise für die Kriminalistik liefern können und dass sich Krötengoldfliegen (Lucilia bufonivora) in den Nasenlöchern von Amphibien entwickeln.
Für die genetische und entwicklungsbiologische Forschung sind Fliegen von großer Bedeutung. Bereits im Jahr 1910 entdeckte der US-amerikanische Biologe Thomas Morgan eine weißäugige Mutante der normalerweise rotäugigen Taufliegenart Drosophila melanogaster. Durch gezielte Kreuzungsversuche erkannte er, wie einzelne Gene auf den Chromosomen angeordnet sind, und konnte zeigen, dass die Chromosomen tatsächlich für die Vererbung verantwortlich sind. Seitdem haben Generationen der kleinen Fliege dazu beigetragen, dass Wissenschaftler immer mehr über die Mechanismen von Vererbung und Individualentwicklung gelernt haben. Durch ein aufgestelltes Mikroskop können die Besucher in der Ausstellung verschiedene bizarre Mutanten von Drosophila melanogaster sehen. Einer der Mutanten wächst anstelle von Antennen ein Paar kurzer Beine direkt aus dem Kopf.
Insgesamt gibt es in der Sonderausstellung „bzzzzzzz – Fliegen, Mücken, Bremsen“ viele interessante Exponate zu entdecken. Die Ausstellung ist sehr stimmungsvoll gestaltet und man kann Einiges über die Tiergruppe der Zweiflügler lernen, zu der viele Menschen ein zwiespältiges Verhältnis haben. Ein Manko der Ausstellung ist jedoch die manchmal nicht ganz logische Reihenfolge der Themen und Texttafeln. Ein Besuch (oder auch mehrere, um den Verfall der Rattenkadaver zu beobachten) lohnt sich aber in jedem Fall. Die Ausstellung wird noch bis zum 30. August 2015 zu sehen sein.