Versteckt in den Bergen Südchiles wächst eine Pflanze, der magische Kräfte nachgesagt werden.
Unzählige Legenden ranken sich im Süden Chiles um eine geheimnisvolle Giftpflanze. Kaum jemand möchte über das Gewächs sprechen, denn die Menschen fürchten sich entsetzlich vor ihr. Allein das Wissen darüber, wo genau ein Exemplar der Pflanze wächst, kann schon den Verdacht wecken, ein böser Zauberer zu sein. Sobald ein Bauer das Gewächs auf seinem Feld findet, lässt er es entfernen und, gleich einer Hexe auf dem Scheiterhaufen, verbrennen. Die Mapuche-Indianer verehren die Giftpflanze jedoch als heiligen Schamanenbaum.
Die Pflanze trägt den Namen Latúe; ein Wort, das aus der Sprache der Mapuche, dem Mapudungun, stammt und „das, was den Tod bewirkt“ bedeutet. Ihr wissenschaftlicher Name lautet Latua pubiflora. Im Volksmund wird das Gewächs „Árbol de los brujos“ genannt; also „Baum der Zauberer“. Latúe, die zur Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae) gehört, wächst ausschließlich in den küstennahen Bergen Südchiles und ist selbst dort nur sehr selten zu finden. Der oftmals mit spitzen Stacheln besetzte Strauch oder kleine Baum besitzt glockenförmige, leuchtend violette Blüten, die von Kolibris bestäubt werden. Seine kleinen, gelben Früchte sind der einzige Teil der Pflanze, der ungiftig ist. Alle anderen Pflanzenteile, insbesondere die Blätter und Stängel, enthalten die Alakloide Atropin und Scopolamin, die psychoaktiv wirken und in höherer Dosis tödlich sind.
Den Schamanen der Mapuche-Indianer, bei denen es sich fast immer um Frauen handelt, soll Latúe Wissen, Körperkraft, magischen Schutz und Heilkräfte verleihen. Die Schamanen nehmen die Pflanze dazu in Form von Säften und Tees zu sich oder verwenden sie zum Räuchern. Das Räuchern von Latúe soll böse Geister, Sorgen und schlechte Stimmungen vertreiben. Die Pflanze wird aber auch für böse Zwecke, wie Verhexungen und Todeszauber, eingesetzt. Viele der Mapuche-Schamanen wollen ihre Fähigkeiten durch Einnahme von Latúe-Zubereitungen bei ihrer Initiation erhalten haben.
In der Vorstellung der Mapuche ist die Latúe von einem Pflanzengeist belebt. Daher muss ein Schamane, bevor er Pflanzenteile ernten darf, ein Opfer, wie Lebensmittel oder Tabak, darbringen und den Geist anrufen. Aus Angst vor Bestrafung zollen die Schamanen dem Gewächs äußerst großen Respekt und halten ihre Rituale geheim. Latúe wird von den Mapuche auch als traditionelles Heilmittel verwendet, wurde aber, in höherer Dosis, ebenso eingesetzt, um heimlich Speisen zu vergiften.
Tatsächlich bewirken die in der Pflanze enthaltenen Alkaloide starke Rauschzustände mit visuellen Halluzinationen, einer ausgeprägten Mundtrockenheit, Kopfschmerzen und Verwirrung. Die Wirkung von Latúe kann bis zu drei Tage lang anhalten, wobei es noch zu wochenlangen Nachwirkungen kommen kann. Der Konsum von Latúe soll sogar dauerhafte „Schwachsinnigkeit“ auslösen können. Für die Mapuche-Schamanen sind die heftigen Rauschzustände jedoch Bestandteil uralter Rituale, durch die der „Baum der Zauberer“ ihnen den Zugang zu verborgenem, magischem Wissen verschaffen soll.
Ich bin begeistert, dass immer wieder neue sehr interessante Themen hier behandelt werden. Über den Baum der Zauberer einiges mehr zu erfahren ist sehr spannend und interessant.
Gerne schaue ich mir auf diesen Seiten neue Berichte an.
Vielen Dank!