Wie die nächtlichen Jäger den Lebensraum Stadt nutzen.
Während viele Arten von Fledermäusen Städte meiden, fühlen sich doch manche wie magisch von ihnen angezogen. Sie vollführen ihre nächtlichen Flugmanöver inmitten des Labyrinths aus Häusern, Straßen, Gärten und Parks. Städte stellen einen ganz eigenen Typ von Lebensraum dar. Die Menschen leben hier dicht an dicht und Fahrzeuge drängeln sich durch die Straßen. Nachts ziehen Städte unzählige Insekten an, die sich an Straßenlaternen oder angestrahlten Reklametafeln sammeln. Aber sind Städte für Fledermäuse überall gleich attraktiv oder halten sich die Tiere in bestimmten Bereichen bevorzugt auf?
Die Forscher Han Li und Kenneth T. Wilkins haben sich für eine Studie, die in der Fachzeitschrift Urban Ecosystems veröffentlicht wurde, das Vorkommen der nächtlichen Flugakrobaten im Detail angesehen. Genau genommen, haben sie es sich angehört, denn sie setzten Ultraschalldetektoren ein und fuhren mit diesen quer durch die Stadt Waco im US-amerikanischen Bundesstaat Texas. Mit seinen etwa 120.000 Einwohnern ist Waco eine typische nordamerikanische Stadt mittlerer Größe. Bei ihren Untersuchungen konzentrierten sich die Forscher auf die ersten Stunden nach dem Sonnenuntergang, wenn die Aktivität der Fledermäuse am höchsten ist. Anschließend werteten sie ihre Aufnahmen aus, um herauszufinden, welche Arten sie in welchen Bereichen der Stadt gehört hatten. Das Vorkommen der Fledermausarten glichen sie mit verschiedenen Faktoren wie beispielsweise Gebäudehöhe, Verkehrsdichte und Vegetationsbedeckung ab.
Einige der Fledermausarten, die im Umland von Waco vorkommen, fanden die Forscher nie oder nur sehr selten im Inneren der Stadt. Auf fünf Arten stießen sie während ihrer abendlichen Fahrten aber regelmäßig. Sie fanden heraus, dass diese Arten in ganz unterschiedlichen Bereichen der Stadt vorkamen. Die beiden baumbewohnenden Arten (die Rote Fledermaus, Lasiurus borealis, und die zu den Amerikanischen Abendseglern gehörende Nycticeius humeralis) hielten sich meist in dichter Vegetation auf und waren nie weit von Stadtparks oder Wäldchen zu finden. Zwei andere Arten (die Große Braune Fledermaus, Eptesicus fuscus, und die zu den Mausohrfledermäusen gehörende Myotis velifer) waren nur in Bereichen zu finden, in denen auch Wasser vorhanden war. Diese Arten nutzen Gewässer nicht nur um zu trinken, sondern auch um dort bestimmte Insekten, wie Mücken, zu jagen, die häufig am Wasser leben. Der Gewässertyp spielt dabei keine große Rolle; selbst Schwimmbecken in Gärten werden von diesen Arten gern besucht. Für die Mexikanische Bulldoggfledermaus (Tadarida brasiliensis) spielten Gebäude eine wichtige Rolle. Diese Art nutzt hohe Häuser gern zum Rasten oder um dort den Tag zu verschlafen. Die hohe menschliche Besiedlungsdichte in diesen Bereichen schien auf die Art keinen größeren Einfluss zu haben. Auch die Straßen der Stadt stellten für die untersuchten Fledermausarten kein ernstes Problem dar, vermutlich da die Tiere meist recht hoch über dem Boden fliegen. Nur sehr stark befahrende Straßen mieden sie.
Für Fledermäuse ist eine Stadt alles andere als einheitlich. Sie ist vielmehr ein Mosaik von Lebensräumen, die für verschiedene Arten unterschiedlich attraktiv sind. Je nach Art bevölkern die Stadtfledermäuse also für sie geeignete Bereiche, hoch über den Köpfen der menschlichen Bewohner.